Thomas Ochs über die Idee zum jährlich stattfindenden Projektstipendiums
Interview zwischen Océane Gonnet, Kunstvermittlerin und Gründerin von Art in the Museum und Thomas Ochs, Inhaber des Schwarzweiß Fotolabors über das alljährlich initiierte Projektstipendium für analoge Fotografie in Kooperation mit dem NAILS Projectroom.
OG: Ich würde gerne mit deinem persönlichen Werdegang einsteigen. Du bist von deiner Ausbildung her Filmwissenschaftler und Museologe. Was waren deine ersten Berührungspunkte mit analoger Fotografie und wie kam es dann zur Entdeckung der Laborarbeit?
TO: Als kleiner Junge hatte ich verschiedene analoge Kameras und habe viel mit einer Pocketkamera fotografiert, hauptsächlich in Farbe. Von den Ergebnissen habe ich mir Alben angelegt und auch herum gezeigt. Später hatte ich eine Panoramakamera mit der ich viel experimentiert habe. Die ist leider kaputt gegangen und dann das Interesse ein bisschen eingeschlafen. Mit dem Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaften in Wien und meiner Leidenschaft für Filmarchive kam auch das Interesse für die analoge Fotografie wieder. Dann bin ich nur noch mit analogen Kameras herum spaziert. Letztlich war der Weg zum Entwickeln nicht weit. Erst hatten wir mit einem Kollegen aus dem Filmarchiv Austria noch herum gesponnen uns in den Depoträumen in Laxenburg eine kleine Dunkelkammer einzurichten. Er fotografierte damals bereits Dias auf Mittelformat. Aber daraus wurde irgendwie nichts. So hatte ich meine ersten Berührungspunkte mit der Laborarbeit bereits mit Erika, die mir 2012 nach meinem Studium ein Praktikum ermöglicht hat. Ich konnte sehr viel ausprobieren und experimentieren. Das war wunderbar.
OG: Seit du das Schwarzweiß Fotolabor von Erika Vogel übernommen hast, beschränkt sich die Arbeit im Labor nicht mehr nur auf Entwicklung und Vergrößerung von schwarzweiß Filmen, richtig? Das Spektrum der Möglichkeiten im Labor zu arbeiten und das Angebot haben sich enorm er- weitert. Kannst du etwas zum grundsätzlichen Konzept des Labors sagen? Wie hat es sich aus deiner Sicht entwickelt?
TO: Erika musste 2013 aus ihren alten Laborräumen ausziehen und war damals schon im Rentenalter. Das Labor war nicht mehr besonders lukrativ. Die analoge Fotografie, noch viel mehr die analoge Schwarzweiß Fotografie war damals fast gar nicht mehr gefragt. Nur einige Stammkunden hielten ihr die Treue. Ich hatte sie damals noch ermutigt, den Umzug zu wagen und ihr damit zu helfen. So sind wir in der Erkrather Straße 292 gelandet und das klare Ziel war das Fotolabor nach ein paar Jahren zu übernehmen. Damals hatte ich schon die Idee das Programm zu erweitern, vor allem auch die Räume als offen für alle zu betrachten und in irgendwelchen Zusammenhängen auch künstlerische Fotografie auszustellen. Das hat sich jetzt mit dem Stipendium und den Schaufenster Ausstellungen sehr gut etabliert. Wir vermieten die Räume und haben eine kleine Laborgemeinschaft. Natürlich digitalisieren wir auch inzwischen analoges Material. Wir sind offen für Experimente, neuen Spiel- und Denkraum sowie einen regen Austausch. Das kommt aus meiner Sicht bei unterschiedlichen Leuten sehr gut an.
OG: Wie ist die Idee eines Arbeitsstipendiums entstanden?
TO: Das Arbeitsstipendium war von Beginn an in meinem Kopf. Es ist dazu da vor allem jungen Kreativen Möglichkeiten zu geben in einer professionellen Laborumgebung abseits der Uni zu arbeiten und sich mit der Materialität auseinanderzusetzen. Analoge Fotografie ist natürlich mit Kosten verbunden. Mit dem Stipendium wollen wir einen Beitrag leisten. Im Idealfall hat man gute Kooperationen im Hintergrund, um so etwas auf die Beine zu stellen. Dass nach dem Arbeiten im Labor eine Ausstellung stattfinden sollte, war ein absolutes Muss. Da hat uns Maren Knapp vom NAILS Projectroom mit Ihrer Bereitschaft zu kooperieren sehr geholfen.
OG: 2020 wurde das Stipendium erstmalig ausgeschrieben. Was hast du aus den ersten Erfahrungen mitgenommen bzw. was hat sich daraus für 2021 entwickelt?
TO: Die 1. Ausschreibung war mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. Es war lange nicht klar, wo wir ausstellen können. Wir brauchten eine Struktur für die Bewerbung des Stipendiums. Wir wussten letztlich auch gar nicht, wie so ein Angebot ankommen würde. Aber bereits im ersten Jahr hatten wir zahlreiche Bewerbungen aus denen wir dann mit Cosmo Großbachs Großformat-Fotografien ein ausgezeichnetes Projekt fördern konnten. Dass immer etwas verbessert, ausgebaut und erweitert werden kann, ist grundsätzlich klar und unser Anspruch. Für 2021 stand die Transparenz und das Installieren eines Jurygremiums im Fokus. Wir wollen zudem das Stipendium internationaler aus- schreiben. Die Anzahl der diesjährigen Bewerbungen hat sich gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt.
OG: Das Labor ist also mehr als ein Ort, wo Fotos entwickelt und vergrößert werden, sondern viel- mehr Raum für kreative Prozesse?
TO: Es ist mein Anliegen Möglichkeiten zu eröffnen analoge Prozesse zu entdecken, zu vertiefen und komplett neu zu denken. Im Labor soll Kreativität gefördert werden. Gleichzeitig steht der Anspruch von Erika in enger Beziehung zu den Kund*innen hochwertige Entwicklungen und Vergrößerungen zu erarbeiten an oberster Stelle.
Das Interview fand im April 2021 in Düsseldorf statt.